Zirkuläre und frugale Ansätze in der Teppichproduktion

OBJECT CARPET GmbH

Das Unternehmen 

Object Carpet ist ein mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit rund 180 Mitarbeitenden. Der Teppichhersteller mit Sitz in Deutschland ist seit vielen Jahren für seine hochwertige Designkompetenz bekannt. Object Carpet entwickelt langlebige Teppichlösungen für den gewerblichen Bereich, insbesondere für die Büroausstattung. Neben herausragender Produktqualität und innovativem Design verfolgt das Unternehmen seit vielen Jahren die Vision einer vollständig zirkulären Teppichlösung. 

Motivation und Ausgangspunkt 

Die Entscheidung, zirkuläre Ansätze in das eigene Geschäftsmodell zu integrieren basiert vor allem auf intrinsischer Motivation: Als Familienunternehmen sieht Object Carpet eine moralische Verantwortung, seine Produkte umweltgerecht zu gestalten. Der Geschäftsführer Daniel Butz selbst ist überzeugt, dass es langfristig keinen Sinn macht, Produkte zu produzieren, die am Ende verbrannt werden.

Zudem bot sich mit der sogenannten "NIAGA-Technologie" eine konkrete technische Möglichkeit, Produktdesign und Produktionsverfahren radikal neu zu denken. 

Als dritter Antrieb kommt der zunehmende gesellschaftliche und regulatorische Druck hinzu: Kunden – insbesondere Architekten und Planer – stellen immer häufiger kritische Fragen zur Nachhaltigkeit.

Der Weg zur Umsetzung: Zirkuläre und frugale Lösungen

Object Carpet verfolgt ein ambitioniertes Ziel: die Entwicklung und Etablierung von Teppichprodukten, die vollständig recyclingfähig sind. Da herkömmliche Teppich im Schnitt aus über 30 verschiedenen Materialien bestehen, ist die sortenreine Trennung am Ende der Nutzungsphase ein großes Problem und ein hochwertiges Recycling somit unmöglich. Um diesem Problem entgegenzuwirken hat Object Carpet das Konzept des Mono-Materials bzw. Duo-Materials hervorgebracht:

  • Mono-Material: Ein Teppich besteht aus nur einem einzigen Materialtyp – z. B. 100 % Polyester. Dies ermöglicht eine sortenreine Trennung am Ende des Lebenszyklus und damit ein hochwertiges Recycling.
  • Duo-Material: Zwei Materialien, z. B. Polyamid (Oberfläche) und Polyester (Rücken), werden so kombiniert, dass sie später einfach voneinander getrennt werden können.

Damit werden nicht trennbare Materialmischungen vermieden und so ein hochwertiges Recycling der Ausgangsstoffe ermöglicht anstelle von Downcycling oder thermischer Verwertung.

 

Darüber hinaus werden Additive wie Flammschutzmittel oder Fleckenschutzmittel bewusst weggelassen, da diese die Recyclingfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Stattdessen setzt das Unternehmen auf cleane, wiederverwertbare Materialien, die kreislauffähig und schadstofffrei sind.

Dieser Ansatz entspricht dem Ökodesign-Prinzip: Produkte so zu gestalten, dass sie von Anfang an für den Kreislauf geeignet sind. Nach dem Motto "Keep it simple" setzen sie auch Prinzipien der frugalen Innovation um – der Ressourceneinsatz wird bewusst minimiert, ohne Einbußen bei der Funktionalität und Qualität.

Ein Beispiel: Neue Teppichfliesen von Object Carpet wiegen nur 2–2,5 kg/m² (statt wie früher 4–4,5 kg/m²). Die Reduktion spart Material, vereinfacht Handling und reduziert den CO2-Fußabdruck erheblich, ohne die Funktionalität zu beeinträchtigen.

Kooperationen als Schlüssel zum Erfolg

Object Carpet ist ein verhältnismäßig kleiner Akteur in einem Markt, der von großen Multinationals dominiert wird. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit mit Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette. 

Ein Schlüsselfaktor im Transformationsprozesses ist die "NIAGA-Technologie" die für Object Carpet von einem externen Partner entwickelt wurde. Die Technologie macht das ressourcenschonende Beschichten von Teppichen möglich. Für die Produktion der neuen Teppiche musste außerdem das Produktionsverfahren komplett umgestellt und in eine neue Anlage investiert werden. Diese benötigt kein Wasser, kaum Energie und ermöglicht die Verarbeitung recycelbarer Monomaterialien.

Die Investition in die Technologie war riskant und kostenintensiv, hat jedoch das Potenzial, Produktionsprozesse in der Teppichindustrie grundlegend zu verändern. Die Kombination aus neuem Produktdesign und innovativer Fertigung bildet das Fundament für die zirkuläre Strategie von Object Carpet. 

Darüber hinaus sind Material-Lieferanten, die geeignete recyclebare Rohstoffe breitstellen ebenso relevant wie Downstream-Partner zur Koordination von Rücknahme und Recycling-Infrastruktur.

Die Bereitschaft zur Kooperation ist tief im Selbstverständnis des Unternehmens verankert. Kreislaufwirtschaft ist nur gemeinsam möglich – "Better together" lautet das Leitmotiv.

Herausforderungen und Learnings

Der Umbau war mit erheblichen Herausforderungen verbunden:

  • Die gleichzeitige Umstellung von Produktdesign und Produktionsverfahren war komplex und risikobehaftet.
  • Technische Kinderkrankheiten und hohe Erwartungen an neue Produkte führten zu einem Spannungsfeld zwischen Innovationsdrang und Marktanforderungen.
  • Da sich die zirkulären Eigenschaften der Teppiche für Kund:innen nicht unmittelbar visuell erschließen, spielte auch Sensibilisierung und Aufklärung eine zentrale Rolle. Nur wer versteht, was ‚unter der Oberfläche‘ steckt, erkennt den Mehrwert.

Object Carpet begegnete diesen Herausforderungen mit Geduld, strategischem Fokus und einer Lernkultur, die Fehler als Teil des Innovationsprozesses begreift.

 

 

Erfolge und Wirkungen 

Die zirkuläre Strategie zahlt sich für Object Carpet auf mehreren Ebenen bereits aus:

  • Markenstärkung: Object Carpet positioniert sich klar als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit.
  • Wettbewerbsvorteile: Die klar kommunizierte zirkuläre Strategie hebt das Unternehmen vom Wettbewerb ab.
  • Kund:innenresonanz: Architekt:innen und Entscheider:innen im Objektbereich reagieren zunehmend positiv auf transparente, greifbare Lösungen jenseits des Greenwashings.

Langfristig rechnet das Unternehmen mit wachsenden Marktanteilen und regulatorischen Vorteilen (z. B. im Hinblick auf Produktpässe oder die ESPR-Verordnung der EU).

 

Zukunftspläne 

Nachdem Object Carpet das Produktdesign, den Materialeinsatz und den Produktionsprozess revolutionär zirkulär umgestellt hat, starten sie nun in die zweite Phase ihrer Circular Economy-Strategie. Nun steht der Aufbau eines vollwertigen Take-back- und Recyclingsystems an. Pilotprojekte zur Reinigung und Wiederverwendung alter Teppichfliesen sind in Planung. 

Parallel dazu wird an der Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Materialien gearbeitet, etwa durch digitale Produktpässe. Ziel ist es, diese Infrastruktur innerhalb der nächsten 7 Jahre aufzubauen, was etwa der Lebensdauer der Teppiche entspricht. Für Object Carpet war besonders wichtig, zunächst ein vollständig kreislauffähiges Produkt zu entwickeln, bevor sie sich mit der Rücknahme beschäftigen, denn ein Produkt zurückzunehmen, das gar nicht recyclingfähig ist, macht aus ihrer Sicht keinen Sinn.

Durch die patentierte „NIAGA Technologie“ ergeben sich darüber hinaus Potenziale für neue Geschäftsfelder. Object Carpet vertreibt bereits die Technologie durch Lizenzen und könnte sich vorstellen, zukünftig das Geschäftsmodell vollständig umzustellen und vom Teppichproduzenten zum Technologieanbieter zu werden. 

Object Carpet ist außerdem Teil des Förderprojekts Circular Office, in dem gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft an zirkulären Lösungen für die Textil- und Büromöbel-Branche getüftelt wird.   

 

Empfehlungen an andere Unternehmen

  • Nicht auf regulatorischen Druck warten: Die Notwendigkeit zur Kreislauffähigkeit ist ökonomisch und ökologisch evident.
  • Klein anfangen, aber konsequent handeln: Erste Schritte können skalierbare Wirkung entfalten.
  • Nicht auf Zertifikate fokussieren: Echte Nachhaltigkeit erfordert systemische Veränderung, keine Checklisten.

Botschaft an Politik und Gesellschaft 

Derzeit sind nicht recyclingfähige Produkte oft die günstigste Option am Markt – ein fatales Signal. Object Carpet fordert klare regulatorische Anreize:

  • Finanzielle Vorteile für zirkuläre Produkte (z. B. durch Steuererleichterungen)
  • Höhere Kosten oder Verbote für Hybridprodukte ohne Recyclingperspektive

Nur so kann Kreislaufwirtschaft zum Standard werden. Object Carpet zeigt, dass der Wandel möglich ist – vorausgesetzt, Vision, Technische Möglichkeiten und Kooperation greifen ineinander.

Wir reden gerne mit Ihnen!
 

Nico Janssen
Business Development Director Carpet Technology

Tel.: +49 711 3402-0
E-Mail: info@object-carpet.com
Web: https://www.object-carpet.com/de