Nachhaltige und ressourcenschonende Fertigung bei Euscher Euscher GmbH & Co. KG
Was macht das Unternehmen?
Das Unternehmen Euscher GmbH & Co. KG. wurde im Jahr 1924 gegründet und ist seitdem einer der führenden Hersteller von Präzisionstiefziehteilen aus verschiedenen Metallen. Jährlich produzieren wir über 3 Milliarden Teile für die Verpackungs-, Kosmetik-, Automotive- und Elektronikindustrie. Euscher ist ein mittelständisches Familienunternehmen in dritter Generation (Inhaber und Geschäftsführer Jörn EuscherKlingenhagen) und stolz darauf, Ausbildungsbetrieb sowie Arbeitgeber für insgesamt 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sein. Unser Hauptsitz befindet sich in der ostwestfälischen Stadt Bielefeld. Darüber hinaus verfügt Euscher über Standorte in Tschechien, den USA und China.
Was ist das ressourcenschonende am Tiefziehen?
Die Herstellung von Erzeugnissen aus metallischen Werkstoffen zählt zu den ältesten und bedeutendsten Verfahren der Fertigungstechnik. Mit der fortschreitenden Industrialisierung hat sich die stückzahlorientierte Produktion stark ausgeweitet, wodurch auch die Anforderungen an die Qualität und Präzision von Bauteilen kontinuierlich steigen. Derzeit werden viele komplexe, napf- oder hülsenförmige Funktionsbauteile überwiegend durch spanende Verfahren wie Drehen und Fräsen gefertigt. Diese Prozesse zeichnen sich jedoch durch eine geringe Werkstoffausnutzung aus: Oft verbleiben weniger als 50 % des Ausgangsmaterials im fertigen Bauteil. Im Gegensatz dazu ermöglicht das Tiefziehverfahren eine deutlich effizientere Materialverwendung. Hier liegt die Materialausnutzung in der Regel bei rund 85 %. Dadurch können im Vergleich zu konventionell gedrehten Teilen bis zu 40 % an Ressourcen – in Form von Material, Energie und damit verbundenen CO₂-Emissionen – eingespart werden. Aus diesem Grund entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kunden zunehmend tiefziehfähige Alternativen zu bestehenden Drehteilen. Darüber hinaus arbeiten wir kontinuierlich an der Weiterentwicklung und Optimierung des Tiefziehverfahrens, um dessen ressourcenschonende Potenziale weiter auszubauen und einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen Produktion zu leisten.
Was sind unsere Möglichkeiten, um nachhaltiger zu produzieren?
Bereits in der Entwicklungsphase setzen wir auf ein ressourcenschonendes Vorgehen. Im klassischen Entwicklungsprozess werden Werkzeuge oftmals ohne den Einsatz moderner Simulationsmethoden konzipiert, konstruiert und gefertigt. Dies kann bei der Inbetriebnahme zu zahlreichen Erprobungsschleifen, Werkzeugänderungen oder im schlimmsten Fall zu einer vollständigen Neuentwicklung führen – mit entsprechend hohem Material-, Zeit- und Energieaufwand.
Durch den frühzeitigen Einsatz von Finite-Elemente-(FE)-Simulationen optimieren wir den Tiefziehprozess bereits digital. Dies ermöglicht eine präzisere Auslegung der Werkzeuge, verringert die Anzahl an Iterationsschleifen in der Anlaufphase und reduziert damit den Bedarf an Ressourcen sowie CO₂-Emissionen erheblich.
Auch in der Produktion achten wir konsequent auf nachhaltige Prozesse. Der Tiefziehvorgang beginnt mit dem Zuschnitt einer Platine aus einem Blechstreifen. Diese werden anschließend in mehreren Umformschritten zwischen Matrize und Stempel zu Hohlkörpern geformt und weiterbearbeitet. Dabei entstehen zwei wesentliche Herausforderungen aus Nachhaltigkeitssicht: Metallverschnitt und der Einsatz von Schmiermitteln.
An beiden Stellen setzen wir gezielt an:
• Ressourcenschonendes Recycling: Den beim Tiefziehen anfallenden Metallschrott erfassen wir sortenrein in speziellen Schrottmulden. So kann das Material direkt in Recyclingbetrieben eingeschmolzen und wiederverwertet werden. Zur weiteren Optimierung setzen wir Brikettieranlagen ein, um das Volumen des Schrotts zu reduzieren und die Transporthäufigkeit zu minimieren. Beim Brikettieren wird zudem das im Schrott enthaltene Schmiermittel ausgepresst und aufgefangen, was den Recyclingprozess zusätzlich verbessert.
• Recyceltes Material: Als metallverarbeitendes Tiefziehunternehmen legen wir großen Wert auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Deshalb verwenden wir überwiegend recyceltes Metall für unsere Tiefziehprozesse. Durch den Einsatz hochwertiger Recyclingmaterialien können wir die gleiche Produktqualität gewährleisten wie bei Primärwerkstoffen – und gleichzeitig unseren ökologischen Fußabdruck deutlich reduzieren. So verbinden wir wirtschaftliche Effizienz mit nachhaltigem Handeln.
• Reduzierter Schmiermitteleinsatz: Der Einsatz von Schmiermitteln ist für den Tiefziehprozess technisch notwendig, soll aber aus ökologischer Sicht so gering wie möglich gehalten werden. Daher ersetzen wir schrittweise konventionelle Schmiersysteme durch moderne Technologien, die eine gezielte und sparsame Applikation ermöglichen. Parallel dazu führen wir kontinuierlich Versuchsreihen durch, um die minimal notwendige Schmiermittelmenge für jeden Prozess zu ermitteln.
Durch diese Maßnahmen gelingt es uns, nicht nur die Effizienz unserer Fertigung zu steigern, sondern auch einen messbaren Beitrag zur Ressourcenschonung und zur Reduzierung von Umweltauswirkungen entlang der gesamten Prozesskette zu leisten.
Die Stolpersteine…
Nachhaltigkeit in der Metalltiefziehtechnik bringt technische und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Recycelte Metalle schwanken in ihren Eigenschaften, was Anpassungen im Prozess und zusätzliche Tests erfordert. Auch umweltfreundlichere Schmierstoffe sind oft noch nicht gleichwertig einsetzbar. Zudem führen diese Maßnahmen zu höheren Produktionskosten – etwa durch aufwendigere Materialprüfung oder kürzere Standzeiten. Eine zusätzliche Hürde: Die Bereitschaft vieler Kunden, diese Mehrkosten mitzutragen, ist bislang gering. Dennoch verfolgen wir unseren Weg konsequent – aus Überzeugung und Verantwortung gegenüber Umwelt und Zukunft.
Welche aktuellen Erfolge können wir verbuchen?
In einem unserer letzten Projekte konnten wir die eingesetzte Schmiermittelmenge in einem bestehenden Tiefziehprozess deutlich reduzieren. Zum Einsatz kam ein neues
Schmiersystem, bei dem sowohl die Anzahl als auch die Dauer der Sprühstöße flexibel eingestellt werden kann.
Für den ersten Versuch wurde die ursprünglich in der Werkzeuginbetriebnahme festgelegte Schmiermittelmenge verwendet. Diese war – basierend auf langjähriger Erfahrung – bewusst hoch angesetzt worden, um eine optimale Bauteilqualität sicherzustellen, ohne jedoch die tatsächliche Mindestmenge zu ermitteln.
Im Rahmen von sechs aufeinanderfolgenden Versuchen wurde die Schmiermittelmenge schrittweise reduziert und die Bauteilqualität über mehrere Wochen hinweg
überwacht. Das Ergebnis: Eine Reduktion des Schmiermitteleinsatzes um insgesamt 78 % – ohne negative Auswirkungen auf die Produktqualität.
Neben dem nachhaltigen Materialeinsatz ergeben sich dadurch weitere Vorteile: Bauteile mit geringeren Schmiermittelrückständen können effizienter und umweltschonender gereinigt werden – etwa durch den Einsatz modifizierter Alkohole in der Entfettung.
Wie geht es weiter?
Aktuell entwickeln wir ein Konzept, um unser Schmiermittel im Tiefziehprozess in einen geschlossenen Kreislauf zu überführen. Trotz des reduzierten Verbrauchs verbleiben geringe Menge an Schmiermittel pro Bauteil in der Umformmaschine, die auf ein Jahr hochgerechnet dennoch zu erhöhten Mengen an altem Schmiermittel führen. Das Schmiermittel soll an den Maschinen aufgefangen und anschließend gefiltert sowie gereinigt werden. Nach der Aufbereitung des Schmiermittels soll es dann wieder im Tiefziehprozess Verwendung finden, sodass kein altes Schmiermittel mehr entsteht.
Was wir anderen mitgeben möchten…
Unsere Erfahrung zeigt: Nachhaltigkeit lässt sich am besten umsetzen, wenn man konsequent an den Themen dranbleibt und auch kleine, praxisnahe Schritte ernst nimmt. Nicht jede Maßnahme muss groß und aufwendig sein – oft liegen wirkungsvolle Ansätze direkt im bestehenden Prozess. Besonders wichtig ist dabei, die Mitarbeiter früh einzubinden: Sie kennen die Abläufe im Detail und bringen wertvolle Ideen für Verbesserungen ein.
Am effektivsten und dauerhaft attraktiv sind Nachhaltigkeitsmaßnahmen dann, wenn sie sich mit wirtschaftlichen Vorteilen verbinden lassen – etwa durch Materialeinsparungen, Energieeffizienz oder Prozessoptimierungen. Dort, wo Ökologie und Ökonomie zusammenkommen, entstehen nicht nur nachhaltige, sondern auch zukunftsfähige Lösungen.
Unsere Empfehlungen an die Politik…
Damit nachhaltige Transformation in der Industrie gelingt, braucht es gesetzliche Vorgaben, die durchdacht, praxisnah und wirtschaftlich tragfähig sind – besonders für den Mittelstand. Viele Regelungen wirken aktuell wenig abgestimmt, bürokratisch überladen oder stehen in keinem sinnvollen Verhältnis zum betrieblichen Aufwand. Für mittelständische Unternehmen mit hoher technischer Verantwortung und begrenzten Ressourcen ist es entscheidend, dass gesetzliche Anforderungen realistisch umsetzbar bleiben. Nur so können sie ihrer Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden, Kunden und Umwelt auch tatsächlich gerecht werden. Nachhaltigkeit darf kein Selbstzweck sein, sondern muss klar auf wirksame Ziele ausgerichtet sein – ökologisch sinnvoll, aber auch ökonomisch vertretbar.
Der internationale Wettbewerbsdruck ist enorm. Wer nachhaltiges Wirtschaften in Deutschland stärken will, muss Rahmenbedingungen schaffen, die Innovation, Effizienz und unternehmerische Freiheit fördern – statt Unternehmen mit kleinteiligen Vorgaben zu blockieren. Denn nur wenn Betriebe sich auf zielführende Maßnahmen konzentrieren können, bleibt der Standort Deutschland zukunftsfähig und wettbewerbsstark.
Zu guter Letzt…
Nachhaltigkeit ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess – besonders in der industriellen Fertigung. Unser Appell: Bleibt am Ball und bleibt pragmatisch. Es gibt viele Potenziale im Alltag und oft sind es gerade die Ideen der Mitarbeitenden, die echte Verbesserungen anstoßen. Jede Optimierung, so klein sie auch erscheinen mag, lohnt sich – für das Unternehmen, für die Umwelt und für eine zukunftsfähige Industrie. Wer einfach denkt und mit offenen Augen durch die Produktion geht, entdeckt oft schnell, wo sich etwas verbessern lässt. So wird man nicht nur effizienter – sondern auch nachhaltiger.
Wie können Sie uns erreichen?
Margarethe Nickel
Leitung Technik und Produktion
Margarethe.Nickel@Euscher.com
Dr.-Ing. Eugen Stockburger
Teamleiter Prozess- und Verfahrensentwicklung
Eugen.Stockburger@Euscher.com
Euscher GmbH & Co. KG
Johanneswerkstraße 22
33611 Bielefeld
+49(521)80009-0
www.euscher.com