Die Kreise schließen
ZF Friedrichshafen AG Standort Bielefeld
Das Unternehmen
Am Standort Bielefeld werden seit 1963 Antriebsstrangmodule industriell aufgearbeitet. Mit über 200 Mitarbeitern gehört der Standort zu den nachhaltigkeitsorientierten „Remanufacturing“-Zentren von ZF. Durch die Wiederverwendung von Bauteilen können Energieverbrauch und CO2-Emissionen erheblich reduziert werden.
Unsere Motivation
Unsere Vision – Wirtschaft und Umwelt müssen keine absoluten Gegensätze sein, sondern sollten besser in Einklang miteinander gebracht werden. Das Prinzip von Cradle to Cradle (C2C) mit seinen fünf Kriterien ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein großes Ziel am ZF-Standort in Bielefeld war es, die gesamte serienmäßige Produktpalette nach C2C zu zertifizieren. Dies ist uns letztes Jahr gelungen. Ein weiteres Ziel ist es, möglichst in den nächsten Jahren klimaneutral zu werden.
2015 gab es eine Veranstaltung des Vereins Deutscher Ingenieure in Bielefeld mit Prof. Dr. Michael Braungart. Sein C2C-Ansatz deckte sich mit den Aktivitäten am ZF-Standort in Bielefeld.
Der Entschluss, sich mit dem C2C Ansatz weiter zu beschäftigen, wurde auch durch die politischen Entwicklungen sowohl auf EU- als auch auf Bundesebene bestärkt. Viele Unternehmen sehen sich immer stärker unter Zugzwang, Umweltvorgaben umzusetzen. Wir wollen durch vorausschauende Umweltaktivitäten optimal auf die Zukunft vorbereitet sein.
Unser Weg
Mit der C2C-Zertifizierung haben wir 2017 mit der Kupplungsdruckplatte gestartet. Dieses Produkt besteht hauptsächlich aus Metall. Wir haben dieses Produkt gewählt, um mit dem gesamten C2C Zertifizierungsprozess erste Erfahrungen zu sammeln, einen Einstieg zu finden und notwendige Kontakte aufzubauen.
Für eine C2C Zertifizierung gibt es 5 Kriterien, die zu berücksichtigen sind:
- Materialgesundheit
- Kreislauffähigkeit der eingesetzten Materialien
- Einsatz von erneuerbaren Energien
- Verantwortungsvoller Umgang mit Wasser
- Soziale Gerechtigkeit
Im C2C-Konzept müssen auch Fertigungsverfahren und Hilfsstoffe berücksichtigt werden.
Neben den produktbezogenen Kriterien wie Materialgesundheit und Kreislauffähigkeit, wurden die Basiskriterien erneuerbare Energien, verantwortlicher Umgang mit Wasser und soziale Gerechtigkeit in Angriff genommen. Die Druckplatte wurde schließlich mit „Gold“ bewertet.
Als nächstes folgte die Zertifizierung der Kupplungsscheiben. Die Herausforderung bei der Durchführung der Zertifizierung waren die Reibbeläge. Die Materialgesundheit hat sich als unproblematisch herausgestellt. Perspektivisch soll auch noch der Kupferanteil der Reibbeläge recycelt werden. Auch die Kupplungsscheiben wurden mit „Gold“ zertifiziert.
Mit der Zertifizierung der 6HP Drehmomentwandler wollten wir weitere Erfahrungen in der Zertifizierung von Kunststoffen sammeln.
Die nächste Herausforderung war der ConAct, ein Ausrücksystem für LKWs. Dieses Produkt enthält sowohl Kunststoffe als auch elektronische Teile. Hier haben wir uns insbesondere auf die elektronischen Teile konzentriert, d.h. hier liegen viele unterschiedliche Materialien vor.
Kernfragen waren:
- welche Bestandteile sind verbaut?
- welche Bestandteile sind wiederverwertbar?
Ein Bestandteil ist z.B. ein Magnet aus seltenen Erden. Hier haben wir zunächst über Recycling nachgedacht und in einem zweiten Schritt über eine direkte Wiederverwendung.
Anfang des Jahres 2020 haben wir die Drehmoment-Wandler 8HP zertifiziert. Im Jahr 2024 konnten wir dann noch das Zweimassenschwungrad erfolgreich nach C2C zertifizieren.
Aktuell ist unser gesamtes Aufarbeitungs-Portfolio nach C2C zertifiziert.
Stolpersteine
Die Umsetzung der einzelnen C2C Kriterien stellt uns als Unternehmen natürlich vor gewisse Schwierigkeiten. Vor allem Produkte, die aus Kunststoff und Elektronik bestehen, sind sehr herausfordernd. Die Zusammensetzungen von Kunststoffen lassen sich teilweise nur sehr aufwändig bestimmen. Auch bei elektronischen Teilen ist es schwierig, diese in ihre Bestandteile zu zerlegen. Ein Produkt aus wenigen Einzelteilen oder nur einem Stoff ist deutlich schneller zu bewerten und zu analysieren.
Unser Standort hat zu 100 % auf Grünstrom umgestellt. Nach C2C-Standards kommen hier nur erneuerbare Energien in Frage und es wurde eine Verteuerung der Energiekosten befürchtet. Tatsächlich weicht jedoch der Kostenanteil für Grünstrom nicht erheblich vom „normalen Mix“ ab.
Die Erfolge
Nach unserem Wissen ist der ConAct das erste C2C zertifizierte Bauteil mit elektronischen Bauteilen und ZF somit Vorreiter in Bezug auf die Zertifizierung komplexer Produkte.
Wir konnten unsere Entsorgungskosten für Abfälle reduzieren. Im Rahmen der C2C-Zertifizierung haben wir uns unseren Abfall näher angeschaut und mit der spezifizierten Trennung begonnen. Mittlerweile können wir durch den Verkauf von Materialien sogar teilweise Erlöse erzielen.
Als Unternehmen werden wir als umweltbewusst wahrgenommen. Wir wurden bereits mehrfach für unser Engagement im Bereich Nachhaltigkeit ausgezeichnet:
- 2018 Klima-Expo NRW Schrittmacher
- 2018 Umweltpreis der Stadt Bielefeld
- 2020 Preis Umweltstiftung Ostwestfälische Wirtschaft
- 2022 & 2023 Deutscher Nachhaltigkeitsprojektepreis
- 2023 Familienfreundliches Unternehmen
- 2023 Sustainability Heroes Award
- 2024 Fahrradfreundliches Unternehmen
- 2024 Sustainability Award in Automotive
- 2024 German Stevie Award
- 2024 & 2025 Deutscher Nachhaltigkeitspreis
- 2025 Deutscher Exzellenz-Preis
So geht es weiter
Die Themen „Altteilerückholkonzept“ und „C2C“ werden vom Standort Bielefeld aus in den gesamten ZF-Konzern getragen. ZF Bielefeld ist im regelmäßigen Austausch mit Bildungseinrichtungen und Unternehmen. Zurzeit steht gerade ein EU-Projekt „RemaNet“ an. Hier sind wir Mitglied in einem europäischen Konsortium. Ziel ist es die Implantierung einer Kreislaufwirtschaft in der EU.
Was wir anderen mitgeben möchten
Wer sich mit dem Thema C2C auseinandersetzt, wird schnell merken, dass die meist kritischen Faktoren wie Kapazität und finanzielle Mittel durch das Verstehen des Produktes sowie die Möglichkeit, neue Recyclingmöglichkeiten zu finden, entschärft werden. Je mehr Eigeninitiative eingebracht wird, desto geringer sind die Zertifizierungskosten und das eigene Wissen um das eigene Produkt wächst.
Unsere Empfehlung an die Politik
Wir müssen zu einem zirkulären Modell übergehen, bei dem die Materialien und ihr Wert so lange wie möglich innerhalb des Wirtschaftssystems im Umlauf gehalten werden. Wir schließen den Kreislauf von Design, Herstellung, Verbrauch und Entsorgung und schaffen dadurch eine umwelt - und kreislauforientierte sowie wettbewerbsfähige Wirtschaft in Europa!
Zu guter Letzt
Wir unterstützen alle, die sich dafür engagieren, die Welt ein wenig lebenswerter zu gestalten. Und wir sind gerne bereit, unser Wissen mit anderen in Form von Kongressen, Betriebsbesichtigungen, Vorträgen etc. zu teilen.
Wir reden gerne mit Ihnen!
Unser Team
Jörg Witthöft, Standortleiter Werk Bielefeld
Thorsten Krug, Technischer Leiter Werk Bielefeld
Gerd Bobermin, Fertigung Drehmomentwandler, Nachhaltigkeits-Team
ZF Friedrichshafen AG
Werk Bielefeld
Windelsbleicher Straße 80
33647 Bielefeld
+49 (0)521 41703-0
www.zf.com